Schneesicherheit im Ötztal dank künstlicher Wolken? Echt jetzt?

Sind Schneekanonen vom Aussterben bedroht? Oder gar vor den Killerkühen geflüchtet? Starten wir am Anfang. „Künstliche Wolke soll Ötztal beschneien“ titelte die Tiroler Tageszeitung heute Morgen. Eine Überschrift die zum Lesen verleitet. Immerhin hört man ja immer wieder, dass die Ötztaler ausgefuchste Geschäftsleute sind. Da kann man sich sogar vorstellen, dass sie extra das Wetter ändern, um bessere Pisten- und Schneeverhältnisse garantieren zu können. Ja, in Zeiten der Klimaerwärmung muss man eben neu denken, andere Wege gehen. Ein Blick in die Zukunft des Wintertourismus und einer zurück.

Ambitionierte Ziele bekam man in besagtem TT-Artikel präsentiert. Von „wir brauchen Innovationen“, einer engeren Zusammenarbeit von Industrie und Tourismus und von nachhaltigem und effizientem Tourismus war hier die Rede. Mensch. Auf den ersten Blick klingt das schon beeindruckend. Künstliche Wolken die Schnee erzeugen, Teppiche in Hotelzimmern die Daten übertragen können (fliegende Teppiche waren gestern) und selbstfahrende Autos die den Durchschnittstouristen zu seinem Hotel bringen. Wow. DAS ist der Tourismus von morgen. Zumindest wenn es nach den Teilnehmern des Forums Tourism meets Industry, welches derzeit in Seefeld tagt, geht.

Zeitgleich mit dem letzten Bissen meines Marmeladebrotes, legte sich auch der erste Schock der Bewunderung und die Vernunft kehrte wieder in meinen Schädel ein. (soweit als möglich eben) Ich begann nachzudenken. Unweigerlich kam mir die Piefkesaga in den Sinn. Jenes Skandalstück von Felix Mitterer in dem er recht präzise die Zukunft, also unsere heutige Gegenwart, des Tourismus im Alpenland beschrieb. Ein lauter Aufschrei soll damals durchs Land gegangen sein. Von einer Frechheit, Hetze und sonst noch schlimmen Dingen war die Rede. Keiner konnte sich damals vorstellen, dass alles genau so kommen sollte.

Und heute. Irgendwie geht es mir gerade gleich. So recht kann und will ich nicht an einen effizienten Tourismus glauben, der Dank einer engen Zusammenarbeit (auf Deutsch unter Einfluss) mit der Industrie, neue und individuelle Dienstleistungen anbietet. Wie soll ich mir das genau vorstellen? (vielleicht übersteigt es ja auch meinen Intellekt) Lesen wir dann Angebote wie:

„Kommen Sie zu uns ins top vernetzte Ötztal. Die einzige Region der Alpen mit „Free Google Glasses„- for all. Legen Sie sich einfach in Ihr iBed, schließen Sie die Augen und surfen in weniger als einer Millisekunde durch die Cloud. Ein Erlebnis 4.0 wie sie es sonst nirgends bekommen.“

oder

„Besuchen Sie doch die brandneue Facebook-Lounge in Sölden. Hier langweilt sie niemand mit persönlichen Gesprächen. Einmal adden, Tourismusseite teilen und nette Leute aus der ganzen Welt kennen lernen.“

oder

„Sie leiden unter dem extremen Klimawandel? Ihr Kinder haben vergessen wie sich echter Schnee anfühlt? Dann machen Sie doch ein Selfie mit dem letzten echten Schneeball der Alpen. Direkt bei uns, in unserem neu erbauten Magnaseum, gleich am RedBullevard.“

Ich muss es offen zugeben. Die Mischung aus Spaßgesellschaft, die ihre Spielzeuge schneller wegwirft als Kleinkinder es tun und steigendem Konkurrenzdruck, macht es den Touristikern nicht leicht und zwingt sie schier dazu immer neue Wege gehen zu müssen. Doch so ganz will ich mich von meinem romantischen Bild meiner so geliebten Alpen noch nicht verabschieden. Wenn der erste echte Schnee fällt, alles leise wird, oben am Berg die glitzernde Zauberwelt erwacht, unberührte Gipfel einem Ehrfurcht lehren, dann ist das für mich Winter und eben jenes Erlebnis, wegen dem seit ewigen Zeiten die Menschen in die Alpen reisen. Weg vom Stress der Großstädte, hin zur Stille am Berg.

Doch was soll’s? Vor einigen Jahren hätte ich es mir auch nicht vorstellen können direkt mit den Öffis in das nächste Skigebiet zu fahren, mir dort im Skiverleih die neuesten Ski zu besorgen, mit einem Chip das Drehkreuz zu passieren, auf einem Förderband zum beheizten Sessellift zu fahren und mich zu freuen, dass trotz schlechter Schneelage und dank Stauseen und Schneekanonen, meinem Skivergnüngen nichts mehr im Wege steht. Also. Auf die Zukunft!

Schneesicherheit im Ötztal dank künstlicher Wolken? Echt jetzt?
5 (100%) 1 vote

Von in Sport Brugger